Der Anhalt-Schreiber
Geschichten zwischen Harz und Fläming |
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Karl May ohne Federn: der Alte
Dessauer als Titelheld eines Romans |
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Kein anhaltinischer Fürst wurde über die
Grenzen seines Landes hinaus so berühmt wie Leopold I., genannt der
„Alte Dessauer“. Und kein deutscher Schriftsteller hat mit seinen
Romanen so viele Leser erreicht wie Karl May. Beide waren und sind nicht
unumstritten. Ersterer gilt den Brandenburgern heute noch als
„Exerzierteufel“, der u.a. durch die Einführung des eisernen Ladestocks
die Geschwindigkeit des Tötens erhöht hat. Letzterer wird auch in
neuerer Zeit immer wieder als „literarische Kuriosität“ mit kriminellem
Hintergrund abgetan. |
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Vielleicht mussten beide
Ausnahmepersönlichkeiten aufeinandertreffen. Literarisch versteht sich,
denn der Schriftsteller wurde erst 95 Jahre nach dem Tode des
hochadligen Militärs geboren. Dabei war Karl May beileibe nicht der
erste Literat, der sich mit dem „knorrigen Haudegen“ auf dem
Fürstenthron beschäftigte. Viele Schriftsteller des 19. Jahrhunderts,
von Streißler bis Fontane, fanden in den Überlieferungen ihren Stoff für
immer neue Erzählungen und Humoresken. Und da ist es kein Wunder, dass
auch Karl May in seiner Privatbibliothek mehrere Werke hatte, die sich
mit Leben und Werk des Fürsten von Anhalt und seiner Frau Anneliese
beschäftigten. |
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Schon
1875 veröffentlicht May im „Deutschen Familienblatt“ ein „Stücklein vom
Alten Dessauer“. Gerade erst im Vorjahr war May nach vierjähriger Haft
aus dem Zuchthaus Waldheim entlassen worden. Bis 1883 folgen gut
jährlich neue Beschäftigungen mit dem Thema. Dann ist eine Weile Ruhe,
May entdeckt seine Profession als Reiseschrifteller und erklimmt den
Gipfel des Ruhms. Der – auch finanzielle – Durchbruch kommt für ihn mit
Werken wie „Winnetou der Rote Gentleman“.
Erst ab 1898 macht sich
May erneut Aufzeichnungen zur Lebensgeschichte des Fürsten, unternimmt
sogar Studienreisen zu authentischen Schauplätzen. Damit in Zusammenhang
stehen könnte, dass Mays zweite Ehefrau, Klara Bleibler, aus Anhalt
stammte. Ihr Vater war nämlich Bediensteter im Dessauer Amalienstift.
Und auch auf andere Weise offenbarte sich der Alte Dessauer
gegenüber dem Schriftsteller: Bei einer der häufigen spiritistischen
Séancen in Mays Villa „Shatterhand“ in Radebeul erscheint Fürst Leopold
als Geist. Zu Lebzeiten Karl Mays gab es die einzelnen Erzählungen nie
gesammelt in Buchform. Erst 1921, May ist seit neun Jahren verstorben,
werden die Geschichten unter dem Titel „DER ALTE DESSAUER“ als 22. Band
der gesammelten Werke herausgegeben. |
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Zwar erreichen sie nie die Berühmtheit von
Winnetou und Old Shatterhand. Aber das Buch ging seitdem stolze 278.000
Mal über den Ladentisch und dürfte damit das unschlagbar populärste Werk
über einen Anhaltiner sein. |
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