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Geburtsurkunde des Barock in Anhalt  
   

Über Jahrhunderte fürstliche Residenz und Witwensitz, bildet Coswig eine der wesentlichen Wurzeln Anhalts. Immer war die Geschichte Coswigs und seines Schlosses mit dem Fürstenhaus Anhalt verbunden, mindestens 28 Angehörige der fürstlichen Familie fanden ihre letzte Ruhe in der Elbestadt.

Die den Coswiger Schlossbau prägende Epoche war das späte 17. Jahrhundert. Damals regierte die Witwe des Fürsten Johann, Sophia Augusta, das Fürstentum Anhalt-Zerbst für den noch unmündigen Erben. Sie war die Schwester der schwedischen Königin, der vorgesehene Witwensitz im alten Schloss zu Coswig wurde ihrer Herkunft nicht gerecht.

1670 verfügte Sophia Augusta deshalb die Errichtung des heutigen Nordflügels, der in seinen Formen noch der Spätrenaissance entspricht. Als dieser nach vier Jahren Bauzeit fertiggestellt war, erteilte ihr Sohn, der inzwischen mündig gewordene Fürst Carl Wilhelm (1652-1718), einen „Spezialbefehl“ zum Neubau weiterer Schlossflügel. Dieser zweite Bauabschnitt ist die Geburtsurkunde des Barock in Anhalt.

 






























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Sophia Augusta v. Anhalt-Zerbst und Schloss CoswigEin etwa 1680 entstandener Kupferstich zeigt das damals neu errichtete Coswiger Schloss und die Bauherrin, Sophia Augusta von Anhalt-Zerbst (1630-1680

Nun kamen Ideen und Anregungen aus dem benachbarten Kurfürstentum Brandenburg, von direkter Vorbildwirkung waren die nach neuester Mode errichteten und holländisch inspirierten Schlossbauten von Potsdam und Oranienburg. Es verwundert daher nicht, dass mit dem Baumeister Cornelis Ryckwaert ein Holländer in Coswig nachweisbar ist, der in brandenburgischen Diensten stand. Für Ryckwaert eröffnete Coswig eine langjährige Tätigkeit in Anhalt: Ab 1681 leitet er den Neubau des Residenzschlosses Zerbst, ab 1683 die Errichtung der lutherischen Trinitatis-Kirche in Zerbst, den Bau des Schlosses und vielleicht auch der Stadtanlage Oranienbaum.

So bahnte sich mit Schloss Coswig der Barock seinen Weg in die anhaltische Baukunst.

Coswigs glanzvolle Zeit als fürstlicher Witwensitz endete indes im Jahre 1827. Das an Schlössern überreiche Herzogshaus Anhalt hatte für den Coswiger Bau keine Verwendung mehr. Das Schloss wurde Kriegsgefangenenlager, Zuchthaus für das Gesamtherzogtum Anhalt und Zentralarchiv der DDR. Nach der politischen Wende versteigert, blieb das Schloss leer. Im April 2006 kam es zu einem erneuten Eigentümerwechsel. Nach dem Willen einer italienischen Investorin soll der historische Bau nun als Kulturzentrum in neuem Glanz wiederauferstehen.

Derweil öffnet sich aus den Fenstern des Coswiger Schlosses wie zu Zeiten Ryckwaerts ein einzigartiger Blick in die Weite der Elbauenlandschaft. Architektur und Natur vereinigen sich hier zu einem prachtvollen Finale. Von keinem der anhaltischen Schlösser bietet sich ein ähnlicher Ausblick.
   
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