Der Anhalt-Schreiber   Geschichten zwischen Harz und Fläming PfeilRetour
   
Das Wandern ist des Anhalters Lust  
   
Was wären wir Deutschen ohne unsere Volkslieder. Sie sind Teil unserer nationalen Identität. Lieder wie „Das Wandern ist des Müllers Lust“ oder „Am Brunnen vor dem Tore“ gehören einfach zu unserem gesamtdeutschen Kulturgut. Wenngleich der anhaltische Landsmann an dieser Stelle sagt: „Aufgemerkt, dies sind Lieder aus Anhalt“. Recht hat er, der Landsmann, zumindest was die Texte betrifft. Die Welt verdankt Wilhelm Müller, Dichter aus Dessau und aus Leidenschaft, eine große Anzahl der beliebtesten deutschen Volksliedtexte.


















Pfeil oben
















Pfeil oben
Wilhelm MüllerTrotzdem, so bekannt die Lieder auch sind, den Namen des Textdichters wissen nur wenige. Als sei dessen Arbeit lediglich notwendiges „Beiwerk“. Und selbst seine Beliebtheit beim zeitgenössischen Publikum verdankt Müller ganz anderen Dingen, nämlich Gedichten über den Griechischen Unabhängigkeitskrieg (1821-1829). Als „Griechen-Müller“ hat ihn denn die spätere deutsche Literaturgeschichte ziemlich einseitig etikettiert. Dabei war er auch Reiseschriftsteller, Übersetzer, Literaturhistoriker und begnadeter Essayist.

In Dessau 1794 als Sohn eines Schneiders geboren, war Müller zum Studieren 1812 nach Berlin gegangen, Anhalt hatte keine eigene Hochschule mehr. Im Folgejahr meldet er sich wieder ab, um als Freiwilliger an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teilzunehmen. Schon bald kämpft er als Angehöriger eines Jägerbataillons in der Schlacht von Großgörschen. „Wohlauf zum fröhlichen Jagen! Wohlauf durch Heid und Hagen. Das Wild, das ich jage, das ist der Tod“ heißt es in einem späteren Gedicht, mehr als 33.000 Tote bleiben auf dem blutigen Großgörschener Schlachtfeld liegen.
 
Erst mit Abstand setzt er das Studium fort, in seiner Heimatstadt Dessau wird er 1819 zunächst Gymnasiallehrer, dann Herzoglicher Bibliothekar und schließlich mit noch nicht einmal dreißig Jahren zum Anhaltischen Hofrat ernannt. Müller schrieb und beschrieb, Rezensionen, Beiträge, Kritiken, von Dante Alighieri bis Walter Scott. Wandert unermüdlich von einem Thema zum andern.
 
Der Arbeitsumfang ist immens und fordert seinen Tribut. Mit der Gesundheit geht es ständig bergab. Zur Genesung in Ruhe stellt ihm Herzog Leopold IV. von Anhalt-Dessau für das Frühjahr 1826 eine Wohnung im Sommerschlösschen Luisium zur Verfügung. Doch bald macht sich eine erneute Verschlechterung des körperlichen Zustands bemerkbar. Am 1. Oktober 1827 stirbt Wilhelm Müller in Dessau an einem Herzinfarkt. Eine Woche später wäre er 33 Jahre alt geworden.
 
Der anhaltische Dichter der Romantik ist heute über den Umweg der Musik bekannt, wenn auch nur wenige seinen Namen kennen. Der österreichische Komponist Franz Schubert war es, der aus Müllers Gedichtzyklen „Die schöne Müllerin“ und „Die Winterreise“ Liederzyklen machte, die in den Kanon deutschen Kulturguts aufgingen.
 
  PfeilRetour