Der Anhalt-Schreiber
Geschichten zwischen Harz und Fläming |
|
|
|
Der erste Protestant |
|
Fürst Wolfgang von Anhalt |
|
|
|
Wir schreiben das Jahr
1492. Ein Seefahrer namens Christoph Kolumbus verfährt
sich und entdeckt dabei Amerika. Der Nürnberger
Tuchhändler Martin Behaim lässt verrückterweise eine Weltkarte auf eine
runde Kugel ziehen und nennt das Ganze einen Erdapfel.
Im anhaltischen Köthen wird dem weitgehend bedeutungslosen Fürsten
Waldemar VI. ein Sohn geboren, den man Wolfgang tauft.
Wolfgangs Jugend verläuft in üblichen Bahnen. Mit
acht besucht er Vorlesungen an der Leipziger Universität, ist an
verschiedenen Fürstenhöfen und entdeckt seine Liebe für den nicht
ungefährlichen Turniersport. Eine jähe Wendung bedeutet
der zeitige Tod seines Vaters im Jahre 1508, der Fürstensohn ist erst
sechszehn.
|
|
Früh gereift, trifft man ihn 1521 auf dem Reichstag zu Worms.
Am Rande der Zusammenkunft wird über einen jungen Augustinermönch die
Reichsacht verhängt. Hier stehe er und könne nicht
anders, meint der gottesfürchtige Theologe und beruft sich auf die Bibel.
Es ist die erste Begegnung des anhaltischen Fürsten mit dem Reformator
Martin Luther. Luther habe ihm „das Herz abgerungen“ so
Wolfgang später. In den Folgejahren wird er zum
Streiter für die lutherische Sache. In den von ihm
regierten Landstrichen führt er ab 1524 die Reformation ein, zu einer
Zeit, als seine restliche Verwandtschaft noch treu dem alten Glauben
verpflichtet war.
Wieder ein Reichstag, diesmal
Speyer 1529. Wieder soll über Luther die Acht verhängt
werden. Wieder wären seine Schriften verboten und es
würde sein Leben gefährden: Jedermann dürfte ihn ohne
Strafe töten.
Ganze sechs Fürsten sind es, die
gemeinsam mit den Vertretern von vierzehn Städten dagegen protestieren.
Zunächst verlassen sie unter Protest den Reichstag.
Dann verfassen sie eine Protestationsschrift, in der sie für Luther und
ihren neuen Glauben einstehen. Seitdem nennt man die
Anhänger der reformatorischen Sache „Protestanten“. |
Aus der Hand Lucas Cranach d.J. stammt
dieses Bildnis des Reformationsfürsten Wolfgang von Anhalt. Es ist Teil
einer Darstellung der Taufe Christi und befindet sich in der
früheren Stiftskirche St. Bartholomäi in Zerbst |
|
Einer der sechs Fürsten ist
Wolfgang von Anhalt. Im Folgejahr unterzeichnet er die
Confessio Augustana, die bis heute zu den verbindlichen
Bekenntnisgrundlagen der lutherischen Landeskirchen in Deutschland zählt.
Für Wolfgang und sein Anhalt-Land bedeutet das Eintreten für Luthers
Sache bald Krieg und Vertreibung. Als kurz nach dem
Todes des Reformators der Schmalkaldische Krieg ausbricht, die
Angehörigen der christlichen Konfessionen gegeneinander kämpfen, da
werden Teile Anhalts verwüstet, Wolfgang selbst geächtet.
Erst 1552 erhält der Fürst seine Besitzungen zurück und wird von der
Reichsacht gelöst. Zehn Jahre darauf, Wolfgang ist
mittlerweile siebzig, tritt er seine Besitzungen an die Verwandtschaft
ab und behält lediglich Coswig und Wörlitz. Schon 1564
zieht er aber nach Zerbst, wo er am 23. März 1566 ohne
Nachkommen verstirbt.
Die Wolfgangstraßen in
Dessau, Köthen und Bernburg erinnern an ihn, den ersten Protestanten
Anhalts.
|
|
|
|
|
|
|