Zerbster Veranstaltungsbericht März 2014 |
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Verschwundene Dörfer. Wüstungen
in Anhalt-Zerbst |
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Vortrag mit Lichtbildern von
Mathias Prasse |
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Am
19.03.2014, 18.30 Uhr, im Stadtmuseum im Klosterhof Coswig (Anhalt) |
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Eine gemeinsame Veranstaltung des
Naturpark e.V., des Stadtmuseums Coswig (Anhalt) und des Vereins für
Anhaltische Landeskunde. |
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Bei „verschwundenen Dörfern“
reichten die Stühle nicht |
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In der Vorbereitungs- und Findungszeit der Regionalgruppe Zerbstfabden
wurden schon einzelne Veranstaltungen, wie diese im Stadtmuseum Coswig,
organisiert. |
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Der
Coswiger Klosterhof wird im Norden von der Stadtkirche St.Nikolai
begrenzt. Östlich des Innenhofes nimmt ein ehemaliges Klostergebäude das
Stadtmuseum auf. |
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Das hatte Matthias Prasse noch
nicht erlebt. Noch ehe sein Vortag im Stadtmuseum Klosterhof in Coswig
(Anh.) begonnen hatte, reichten die Stühle nicht. Zunächst einmal
mussten Tische herausgetragen und Stühle herangeholt werden, bevor die
Anwesenden hören und sehen konnten, was der Historiker und Museumsleiter
Matthias Prasse zum Thema der verschwundenen Dörfer und Wüstungen in
Anhalt-Zerbst in einer sehr lebendigen und verständlichen Art
mitzuteilen hatte.
Er spannte einen weiten Bogen über die Siedlungen aus der Vorgeschichte
und denen die vor und nach der Völkerwanderung angelegt wurden bis in
unsere Zeit. „Alle Siedlungen , die etwa vor dem 10. Jahrhundert
angelegt wurden, sind heute nicht mehr vorhanden,“ sagte Matthias
Prasse. Sie sind zwar archäologisch nachweisbar und an manchen Orten
zwischen Bernburg und Köthen sind auch gewaltige Hügelgräber zu finden.
Aber über die Orte, in denen die Menschen lebten, die diese Gräber
anlegten, ist die Zeit hinweggegangen. Bemerkenswert ist, dass es schon
während der Bronzezeit so viele Ortschaften gab, wie heute. Unsere
Vorfahren waren damals schon in der Lage Häuser in der Größe von 8 x 40
Metern zu bauen. |
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Es sind allerdings nicht diese Siedlungen, die mit den
verschwundenen Dörfer, den Wüstungen, gemeint sind. Sie entstanden wie
alle Orte in Anhalt-Zerbst während der zweiten Welle der
Ostkolonisation, des Landesausbaus, zwischen 1000 und 1200. Die ersten
Versuche von Siedlern, östlich der Elbe Fuß zu fassen waren infolge des
großen Slawenaufstandes von 983 gescheitert. Aber dann gelang es in
historisch kurzer Zeit, Dörfer und Städte zu gründen und dauerhaft
Menschen die aus Thüringen, Holland, Flandern und vor allem aus
Ostfalen, westlich von Magdeburg kamen, anzusiedeln. Die Neusiedler
brachten neue Methoden und Techniken der Landwirtschaft wie
Bodenwendepflug, Melioration und Brunnenbau mit. Die slawischen Bewohner
übernahmen nach und nach die neuen Kulturtechniken, brachten ihre
Erfahrungen ein und integrierten sich in die mittelalterliche
Feudalgesellschaft. Eine wichtige Rolle spielte natürlich die
Christianisierung, die auch in unserem Raum zur Gründung von Klöstern in
Coswig und Zerbst führte. Die ersten Erwähnungen vieler Orte findet man
auf Urkunden, die von den Herrschern für die Klöster ausgestellt wurden.
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Eine vereinfachte Wiedergabe der Karte
aus dem Faltblatt „Wüstungen“ des Naturpark Flämimhg e.V.
Die gelben Punkte stellen
jeweils den Ort einer Wüstung dar. Die violette Linie gibt den
ungefähren Verlauf der früheren anhaltischen Landesgrenze wieder. Mit
der Elbe unten, als südliche Grenze des historischen Fürstentums
Anhalt-Zerbst,
ist dessen gesamtes Territorium, bis auf die östlichste Ecke, der westlich
gelegenen Dornburger „Handtuch“- Fläche und der Mini-Grafschaft
Mühlingen sowie der Herrschaft Jever (Friesland), hier wiedergegeben.
(Für die Ansicht der genaueren Karte des Faltblattes mit
den Namen der Wüstungen -
Linksklick auf die Karte oben.) |
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Nicht immer waren die Bedingungen, dort wo die Siedlungen gegründet oder
weitergeführt wurden, optimal. Hochwasser, Ackerboden, der nicht genug
Ertrag abwarf und nicht zuletzt die Pest, die schrecklichste Krankheit
des Mittelalters, führten dazu, dass Siedlungen aufgegeben wurden. Die
Bewohner zogen einfach in das nächste Dorf, wie es bei Konow, zwischen
Thießen und Natho gelegen, der Fall war. Die Einwohner von Bernau in der
Nähe von Zieko wählten sogar die Stadt Coswig, um dann noch lange Zeit
als Feldgemeinschaft mit eigenem Dorfschulzen unter den Stadtbürgern zu
leben. Die vielfach geäußerte Vermutung, dass viele Dörfer als Folge des
dreißigjährigen Krieges verlassen wurden, stimmt so nicht. Zwar
verwüsteten die Söldner ganze Landstriche und in manchen Orte standen
nur noch wenige Häuser. Aber die Bewohner kehrten zurück und die Dörfer
erholten sich von den Kriegsschäden.
Zum Schluss des Vortrags hatte es den Anschein, als könnte Matthias
Prasse die Gedanken seiner Zuhörer erraten. Denn schon heute stehen in
vielen Dörfern Häuser leer und immer weniger junge Familien wohnen dort.
Man spricht wieder vom „Wüstwerden“. Der demografische Wandel ist die
Herausforderung des 21. Jahrhunderts in unseren Dörfern. „Die Geschichte
erklärt uns, warum die Welt so ist, wie sie ist,“ sagte Matthias Prasse.
Wandlungen und Wanderungen sind nichts Neues. In der Geschichte hat es
das schon immer gegeben. Unsere Vorfahren mussten sich darauf einstellen
und sie haben versucht, immer das Beste aus der Situation zu machen. Wie
wir mit der Herausforderung „demografischer Wandel“ fertig werden, wird
die Zukunft zeigen. |
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Erläuternd zum Vortrag hat der Naturpark Fläming e.V. ein Faltblatt
herausgegeben in dem 67 Wüstungen angegeben sind.
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Zur Öffnung des Faltblattes (pdf-Format 2,49 MB) klicken Sie hier
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Lothar Jeschke |
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Versammlungsfoto
und Scan der Faltblatt-Karte:
Lothar Jeschke Bildbearbeitungen
und Karte:
Hans-Jürgen Janik |
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