Der Anhalt-Schreiber
Geschichten zwischen Harz und Fläming |
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Knecht Ruprecht kommt
aus Anhalt |
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Das Tanzwunder von Cölbigk |
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Worauf kann ein Landsmann aus Anhalt
nicht alles stolz sein. Das Bauhaus hat sich hier
niedergelassen. Die Schönheit der Wörlitzer Anlagen.
Und – oder vor allem – der Umstand, dass Knecht Ruprecht ein Anhalter
ist. Gut, in manchen Regionen Europas gilt der als
Kinderfresser. Das wäre ja eher keine Werbung für
Anhalt. Es ist an der Zeit, der Geschichte auf den
Grund zu gehen.
Knecht Ruprecht lebt in einer
Zweckbeziehung mit dem Nikolaus. Die zwei Männer
besuchen gemeinsam im Dezember Kinder zu Hause.
Ruprecht ist in eine braune Kutte gekleidet und trägt einen Sack.
In diesen sollen Kinder gesteckt werden, die es zu bestrafen gilt.
Während die Wissenschaft ganz langweilig in Ruprecht „wohl eine
Brauchtumsfigur aus dem Alpenvorland“ sieht, weiß man in Anhalt um
dessen wahre Identität schon lange: Knecht Ruprecht ist
in Wirklichkeit der legendäre Priester Rupertus aus dem Tanzwunder von
Cölbigk, heute ein Ortsteil von Ilberstedt nahe Bernburg.
Hier hatten Bauern in Tanz- und Feierlaune den
Weihnachtsgottesdienst 1020 oder 1021 so gestört, dass Priester
Rupertus vom hiesigen Benediktinerpriorat sie bestrafte.
Zwar steckte Rupertus die Bauern nicht in einen Sack, aber immerhin, der
Priester flehte den Himmel an, die Tänzer dadurch zu strafen, dass sie
ununterbrochen tanzen müssten. Nun konnten sie nicht
mehr aufhören, wie erschöpft sie auch waren. Ihre Füße
tanzten schließlich ein Loch in den Boden, das immer tiefer wurde.
Erst ein Bischof erlöste die Tänzer von ihrem Fluch.
Manche von ihnen starben sofort, andere behielten zeitlebens ein Zittern
in den Gliedern.
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Kupferstich des Matthäus Merian, 1640 |
Zwar wurde schon im 17.
Jahrhundert versucht, die Figur des Knecht Ruprecht vom erwähnten
Priester abzuleiten. Einen wahren Knecht-Ruprecht-Kult
entfachte aber erst der Bernburger Heimatforscher Dr.
Hermann Siebert ab 1902. Siebert sah in Ruprechts
dunkler Kutte die Ordenstracht des Priesters und in seinen Schellen das
Messglöcklein. Dazu kam, dass seit dem 19.
Jahrhundert in Mitteldeutschland der Cölbigker oder Bernburger „Heele-Christ“
bekannt ist, der die Weihnachtsgeschenke bringt. Und
noch heute beginnt der Bernburger Weihnachtsmarkt mit dem Einzug des
Heele-Christ. Womit bewiesen ist: Auch der
Weihnachtsmann kommt aus Anhalt.
Deshalb, so
schwärmt man vor Ort seit einigen Jahren, soll hier ein Museum,
mindestens aber eine europäische Begegnungsstätte entstehen.
Vielleicht hält sich das Bundesland Sachsen-Anhalt deshalb so
seltsam bedeckt bei der Finanzierung eines Bauhaus-Museums:
Man braucht das Geld für Größeres. Was ist
schon das Bauhaus, wenn wir in Anhalt den Weihnachtsmann haben? |
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