Archivale des Monats Februar 2024
in der Abteilung Dessau des Landesarchivs Sachsen-Anhalt:

Der Bernburger Bürgermord am 16. März 1849


Vor fast 175 Jahren wurde mit dem „Bernburger Bürgermord“ das blutigste Kapitel der Revolution 1848/49 auf dem Gebiet des heutigen Landes Sachsen-Anhalts geschrieben. Ausgangspunkt dafür waren „Die tumultuarischen Vorgänge am 16. März 1849 in Bernburg wegen der Verhaftung des Lohgerbermeisters Joseph Calm“ (so der Titel einer im Landesarchiv verwahrten Akte). Nachdem gegen ihn bereits eine Untersuchung wegen Majestätsbeleidigung bei einer Volksversammlung in Peißen im Januar 1849 in die Wege geleitet worden war, berichtete wenig später das Justizamt Ballenstedt von einer am 11. März in Badeborn stattgefundenen Volksversammlung, in deren Anschluss die Volksmenge fahnenschwenkend mit Musik und angeführt von dem auf einem Pferd reitenden Calm durch die Stadt Ballenstedt zog. Die Lage vor Ort wurde als höchst explosiv eingeschätzt, so dass „ein Ausbruch der Leidenschaften täglich zu befürchten“ sei. Deshalb fand in der Wohnung des Ballenstedters Bürgermeisters eine Beratung zu erforderlichen Gegenmaßnahmen statt.

Am 16. März um 6.00 Uhr morgens wurde der noch im Bett liegende Calm verhaftet.
Als das publik wurde, versammelte sich vor dem Gerichtsgefängnis Bernburg eine große Menschenmenge und setzte dessen Freilassung durch. Daraufhin marschierte die Menge mit Calm an der Spitze zum Appellationsgericht, um die Freilassung gegen Zahlung einer Kaution auch rechtskräftig bestätigen zu lassen. Im Gerichtsgebäude wurde verhandelt, draußen stand das mittlerweile aufgezogene Militär den demonstrierenden Bürgern gegenüber. Die Frage, warum plötzlich das Militär auf Befehl Hauptmann von Trützschlers Gewehrsalven auf die Menschenmenge abgab, wobei es 13 Tote gab, scheint niemals Teil einer gerichtlichen Auseinandersetzung gewesen zu sein.
Dafür gingen die Tumulte mit Gefangenenbefreiung bis Ende des Jahres 1850 durch alle juristischen Instanzen. Letztendlich wurde Lohgerbermeister Calm wegen mangelnder Beweise in allen Anklagepunkten freigesprochen, während fast 50 Bürger schuldig gesprochen und zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

Landesarchiv Pressemitteilung Nr. 4 vom 29.01.2024

Für Interessenten besteht die Möglichkeit, einige bereitliegende Behörden- und Gerichtsakten zu diesem Fall während unserer Öffnungszeiten (Mittwoch und Donnerstag von 9:00-17:00 Uhr) einzusehen.
Kontakt: Dr. Hermann Kinne
Leiter der Abteilung Dessau
Heidestraße 21, 06842 Dessau-Roßlau
Tel. 0340/519896-0
Fax: 0340/519896-90
dessau@la.sachsen-anhalt.de
www.landesarchiv.sachsen-anhalt.de

Quelle: LASA, Z 18, C 9o Nr. 7 Bd. VIII

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