Zerbster Veranstaltungsbericht Oktober 2015 |
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Die Herren von
Zerbst |
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Exkursion der RG Zerbst nach Thießen und Hundeluft |
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Treff am Samstag, dem
17.10.2015, 10.00 Uhr, an der Kirche von Thießen |
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Oft werden sie mit den Fürsten von
Anhalt-Zerbst verwechselt. Aber die Herrschaft der Herren von Zerbst hat
eine viel ältere und eigenständige Geschichte, die unsere Region vom 12.
bis ins 18. Jahrhundert geprägt hat. Da dieses Adelsgeschlecht heute
fast vergessen ist, wollten die Mitglieder der neu gegründeten
Regionalgruppe Anhalt-Zerbst des VAL am 17. Oktober 2015 einigen Spuren
der Familie von Zerbst nachgehen. |
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Ausschnitt aus einer Anhalt-Karte von 1908 mit dem alten Kreis
Zerbst und im violetten Kreis die Exkursionsziele
(in Weiß: die Grenzen nach der Kreisgebietsreform von 2007
- links das Gebiet um Zerbst, heute LK Anhalt-Bitterfeld - ABI,
rechts
das Gebiet nördlich der Elbe mit Coswig und Klieken im Süden bis im
Norden zur Landesgrenze zu Brandenburg -
heute zum LK Wittenberg gehörig, im Zentrum, mit DE gekennzechnet, das
Stadtgebiet von Dessau-Roßlau) |
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So trafen sie sich zunächst
in Thießen, das heute ein Ortsteil der Stadt Coswig (Anhalt) ist. In
diesem Dorf befand sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts ein Gutshof, der
bis 1726 denen von Zerbst gehörte. 1457 hatte Albrecht von Zerbst für
1000 Schock alte Kreuzgroschen als Erblehen von den Fürsten Adolf und
Albrecht von Anhalt die Dörfer Hundeluft, Natho, Ragösen, Groß- und
Klein-Werchnud, Stegelitz, Konow, Bräsen und Thießen erworben. Aber
schon im 12. und 13. Jahrhundert verfügten die Herren von Zerbst über
eine beachtliche Macht. Als Ministeriale des deutschen Kaisers, der
Markgrafen von Brandenburg und der Magdeburger Erzbischöfe beherrschten
sie als Vögte ein Gebiet, das ungefähr das spätere fürstlich-anhaltische
Amt Zerbst mit einem großen Teil des Amtes Roßlau umfasste. |
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Das Gelände des Thießener Gutes
der Familie von Zerbst befindet sich im Ortskern in direkter Umgebung
der Kirche, für die die Herren von Zerbst das Patronat besaßen.
Unmittelbar daneben steht das ehemalige Herrenhaus, heute das Gemeindehaus,
das wahrscheinlich erst im 18. Jahrhundert nach der Übernahme des Gutes
durch einen Verwalter im Auftrag der Zerbster Fürsten errichtet wurde.
Ein Scheunengebäude aus behauenen Feldsteinen, das sich bis über das
Nachbargrundstück hinzieht, weist auf den ehemaligen Gutshof hin. Ein
weiteres Funktionsgebäudes des Gutes war eine Schäferei am heutigen Weg
zum Friedhof.
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Rückansicht der Scheune auf dem ehemaligen
Gutshof in Thießen. Das Gebäude zieht sich bis auf das Nachbargrundstück
hin. Die eingezeichnete, heutige Grundstückgrenze deutet an, dass das
frühere, viel größere Gutsgelände in späteren Zeiten in mehrere
Grundstücke geteilt wurde. |
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Die Thießener Kirche Sankt Petri als
Patronatskirche der Familie von Zerbst ist noch stark von den ehemaligen
Kirchenherren
geprägt. An der südlichen Außenwand der Kirche sind fünf Grabplatten
angebracht, die Familienmitgliedern gewidmet sind, deren sterbliche
Überreste im 17. Jahrhundert in einer Gruft unterhalb des Altarraumes
der Kirche bestattet wurden. Diese Gruft ist heute nicht mehr
zugänglich. Die Peterskirche in Thießen weist mit drei Dachböden eine
Besonderheit auf
(Bild rechts). Sie dienten als
Kornspeicher, damit diese lebensnotwendigen Feldfrüchte in kriegerischen
Zeiten nicht durchziehenden Herrscharen in die Hände fielen.
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Die Kirche St. Petri mit aufgesetztem
Fachwerksgeschoss und zweigeschossigem Dachstuhl, die als Speicher
dienten. |
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Eine Erinnerungstafel für den Stifter der
Erweiterung seiner Patronatskirche Christian Friedrich von Zerbst
und seiner Frau Maria Gertraut von Müchlen (Mücheln) in der Kirche St.
Petri zu Thießen
- links das von Zerbst(er) Wappen, rechts das seiner Ehefrau - |
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Das nächste Ziel der Exkursion an diesem feuchten und herbstlichen
Sonnabend war Hundeluft, nur drei Kilometer von Thießen entfernt. Auch
in Hundeluft sind noch Gutsgebäude zu erkennen. Direkt neben der alten
Wasserburg steht eine langgestreckte Vorburg im Fachwerkstil, die einst
als Wirtschaftshof diente.
In der 1746 fertiggestellten Hundelufter Barockkirche erinnert ein
Epitaph an Sigmund Wiprecht von Zerbst (1606-1682). |
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Mauerreste der Wasserburg des 1414 vertriebenen
Raubrittergeschlechts von Walwitz.
1457 verkauften die Fürsten von Anhalt-Zerbst Burg und |
Altes
Gebäude als Rest des herrschaftlichen Rittergutes der
von Zerbst in
Hundeluft (früher Wirtschaftshof der Burg). |
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Dorf Hundeluft
mit den umliegenden Ortschaften (Groß- und Kleinwerchnud, Natho,
Ragösen, Stegelitz, Konow und
Bräsen) als Erblehen an
Albrecht von Zerbst. Nach einer Teilung des Familien-Besitzes
1687 verblieb lediglich Ragösen und Bräsen bei Hundeluft. 1735 wurde
dann Hundeluft und Zubehör an den Fürsten Johann August von
Anhalt-Zerbst verkauft. |
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In
den Wappen der Gemeinden Thießen und Hundeluft finden sich Bestandteile
der Familienwappen der von Zerbst wieder.
• Links ist ein rotes Löwenhaupt (nach rechts gewandt)
des späten Wappens des Adelsgeschlechts im gevierten Schild der Gemeinde Thießen (Feld 2 und 3) aufgenommen.
• Rechts sind im redenden Wappen von Hundeluft die drei Rosen der
Edelherren der frühen Herrschaft Zerbst in verwechselten*
Farben im oberen Teil des Wappen vertreten.
Hier sei noch angemerkt, dass das Wappen die anhaltischen Farben
wiedergibt (Rot-Grün-Weiß)
* verwechselte Farben - heraldisch für einen Farbentausch (hier: rote
Rosen im silbernen Feld werden
zu silberne Rosen im roten Feld – weitere Erklärungen zu den Wappen siehe weiter unten). |
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Ende des 19. Jahrhunderts war das Geschlecht der Herren von Zerbst
erloschen. Trotzdem war es für die Eskursionsteilnehmer sehr
interessant, ihren Spuren nachzugehen. Ob in den Kirchen, wo noch
Abendmahlgeräte die Adelswappen tragen oder bei den Feldsteinmauern der
Hundelufter Wasserburg mit ihrem artesischen Brunnen, überall konnte man
mit ein wenig Mühe noch Hinweise auf die ehemaligen Gutsherren finden. |
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Das Wappen des Adelsgeschlechts von Zerbst
aus dem „Johann Siebmachers Wappenbuch von 1612 (Bild
oben).
Dort ist das Wappen bei der sächsischen* Ritterschaft zu
finden.
Im von Zerbster Familienwappen sind im silbernen (weißen)
Schild drei rote (2:1) ausgerissene, linksgewandte** Löwenhäupter zu
sehen. Die Familie änderte im Mittelalter mehrfach ihr Wappen (siehe
links).
Im Zedlers Universallexikon von 1731 bis 1754 kann
man in der Familiengeschichte der von Zerbst eine Textpassage zu den
Familienwappen nachlesen (Bild links). In der Zeit als ihnen
noch die Herrschaft nebst Stadt Zerbst gehörten, führten sie neben
anderen Versionen auch ein Wappen mit darin enthaltenen drei Rosen.
So
erschienen im 1936 verliehenen und
am 27. Februar 1995 erneut genehmigten Wappen des Landkreises
Anhalt-Zerbst (siehe rechts)
die drei roten Rosen der Herren über die Herrschaft
Zerbst im Wappen, in
dem man laut Blasonierung (Wappen-Beschreibung)
auf
das Wappen der Edelherren von Zerbst zurückgriff (drei Rosen für die
Herrschaft Zerbst). Im roten Feld die silbernen Adler
stehen für die Grafen und Grafschaft Lindau und das, die
Wappenfelder trennende Johanneskreuz, für die
Ordenskomturei des Deutschen Ordens in Buro (dessen Besitz 1809
von Kaiser Napoleon säkularisiert wurde). Belegt wurde das Kreuz in der
Mitte (Herzschild) mit dem Wappen des Freistaates Anhalt.
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* - Anhalt gehörte zum sächsischen Reichskreis
(das röm.- deutsche Kaiserreich wurde 1500 unter Kaiser Maximilian in
erst
6, später 10 Reichskreise
eingeteilt). Sie tangierten die bestehenden
Herrschaftsgebiete der Reichsfürsten nicht, sondern
dienten nur der territorialen Zuständigkeit der kaiserlichen Rechtsprechung
bei den Reichsgerichten und anderer
Reichsangelegenheiten (u. a. der Aufstellung
eines
Reichsheeres im
Verteidigungsfall - welcher Reichskreis stellt welche
Kontingente).
** - in der Heraldik erfolgt die Blasonierung
(Wappenbeschreibung)
immer aus der Sicht des Wappenträgers, d. h. von der
Rückseite
des Wappens her (in der Blasonierung
links ist für den Betrachter rechts). |
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Auch in den Dörfern zwischen
Coswig, Zerbst und Roßlau ist Geschichte zu finden, die man vor Ort
gewissermaßen mit den Händen greifen kann. Die Regionalgruppe
Anhalt-Zerbst plant jedenfalls weitere Exkursionen, um der Geschichte
unserer Region auf der Spur zu bleiben. |
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Lothar Jeschke |
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Fotos
und Scan aus Zedlers Universallexikon:
Lothar Jeschke Bildbearbeitungen
und Wappentext:
Hans-Jürgen Janik |
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