Auch als Artikel im „Wochenspiegel“ für Köthen und Umgebung, vom 22. Oktober 2008, S. 7
Wer war eigentlich . . . Joachimi ?
Stadtführer und Vereinsmitglied Bernd Westphal auf der Spurensuche in der Köthener Historie

Entlang der Ostgrenze der Fasanerie und der Mauer, welche die Stadtgrenze nach dem Anlegen der Wallstraße (um 1720) bezeichnet, liegt die Joachimiallee. Geehrt haben die Köthener hier  einen Mann, der in der Phase der aufstrebenden Industrialisierung mit Geschick und Weitsicht an der
Spitze der Stadtverwaltung in Köthen stand.

 

Alfred Joachimi erblickte am 20. März 1823 in Köthen das Licht der Welt. Er besuchte hier und in Zerbst das Gymnasium und studierte da-nach Rechtswissenschaften. Das Staatsexamen legte er gemeinsam mit den Rechtskandidaten Ernst Bramigk, Bernhard Naumann und Emil Schettler 1845 ab. Im September desselben Jahres erhielt Joachimi sei-ne Ernennung zum Regierungsadvokaten in Köthen.
Als 1850 in Anhalt eine Reorganisation der Gerichtsbehörden stattfand, löste die Regierung die Stadtgerichte und Justiz-Ämter auf und wandelte sie in Kreisgerichte um. Die Polizeigewalt bekamen die neu gebildeten Kreisdirektionen übertragen. Alfred Joachimi erhielt nun eine Anstellung als Kreissekretär bei der Kreisdirektion Köthen. Dieses Amt hatte er bis 1852 inne. In diesem Jahr gewann Alfred Joachimi die Wahl zum Bür-germeister der Stadt Köthen. Am 12. Januar1853 erfolgte dann seine Amtseinführung durch den damaligen Kreisdirektor von Behr, in eine Funktion, die der ehemalige Kreissekretär über 40 Jahre inne haben wird.
                            Oberbürgermeister Alfred Joachimi (1823-1895) leitete von 1852 bis 1893 die Geschicke der Stadt Köthen.

 

Im Stadtarchiv Köthen ist über ihn zu lesen, dass er „ ein milder und humaner Vorgesetzter sei “ und „ er steht bei der Staatsregierung in hohem Ansehen . Auch wenn kaum jemand etwas Schlechtes über seinen Vorgesetzten oder gar über einen Toten sagt, so bleiben als Beweis für die Leistungen von Alfred Joachimi noch seine Auszeichnungen.

 

Goldene Gnadenkette für verdiente Bürgermeister, erstmals verliehen durch
Herzog
Friedrich I. von Anhalt
an den Köthener Oberbürgermeister
Alfred Joachimi
am 29. April 1876,
Bronze vergoldet
(im Besitz der Stadt Köthen).
 

 

 

 


Als Erster in Köthen erhielt er 1863 den Titel eines Oberbürgermeisters verliehen. 1876 bekam er die goldene Amtskette, 1878 zum 25. Dienstjubiläum die Ritterinsignien der 1. Klasse des Herzoglichen Hausordens Alb-recht des Bären und 1888 die Kommandeurs-Insignien 2. Klasse des selben Ordens, 1893 erfolgte die Ver-leihung des Titels Geheimer Regierungsrat (noch keinem vor ihm im anhaltischen Gemeinwesen verliehen). Vom preußischen König erhielt er 1867 den Kronenorden der 3. Klasse und 1871 den gleichen Orden mit rotem Kreuz in weißem Feld am Erinnerungsband, nebst der Kriegsdenkmünze von 1870/71 (Deutsch-französischer Krieg).

 

 Die Zeichen des herzoglich- 
  anhaltischen Hausordens

  Albrecht des Bären:
 
Links: Ritterzeichen 1. Kl.
  (an der linken Brust zu tragen -
  kleiner als das Kommandeur-
  zeichen),
 
Rechts:
  Kommandeurzeichen 2. Kl.
  (um den Hals zu tragen).
  Die Bänder bestanden aus
  dunkelgrüner gewässerter Seide
  mit ponceauroten Randstreifen.
  Zeichen und Bänder hatten zur   
  Unterscheidung mit dem
  Ritterzeichen verschiedene
  Größen.

 

 


                  
Der preußische Kronenorden: 3. Klasse am kornblumenblauen Band (li.), 3. Klasse mit aufgelegtem roten Sanitätskreuz (mitte) und die Kriegsdenkmünze von 1870/71 am Band für Nichtkämpfer (re.).
 

 


Im September 1893 schied er dann aus gesundheitlichen Gründen nach über 40 Jahren aus dem Amt und am 26. Januar 1895 aus einem erfolgreichen Leben.

Alfred Joachimi war verheiratet mit Ottilie, eine geborene Kettler. Mit ihr zusammen hatte er vier Söhne, wobei einer kurz nach der Geburt verstarb. Der älteste Sohn verfügte 1915  in seinem Testament, dass in Andenken an seine Eltern die „Herr und Frau Oberbürgermeister Joachimi Stiftung“ mit 4000 Mark eingerichtet wurde. Hieraus sollte die Finanzierung eines jährlichen Konzertes  in der St. Jacob Kirche erfolgen. Wie alle gemeinnüt-zigen Stiftungen in Köthen überlebte auch diese das dritte Reich und den Sozialismus nicht.

Während des Wirkens von Alfred Joachimi entwickelte sich Köthen von einer Ackerbürgerstadt zu einer Kom-mune mit doch deutlichen industriellen Zügen. In seine Amtszeit fielen unter anderem der Bau des Landes-seminars (1887) (heute Radtke-Gebäude der HS Anhalt) und die Etablierung des späteren Polytechnikums, die Gründung der Turnerfeuerwehr (1865), der Erlass einer neuen Straßenbauordnung (1875), die Einführung der Gasbeleuchtung (1861), die Einführung der Straßenreinigung mit Sprengwagen und Kehrmaschine (1886), der Beginn der Kanalisierung (1882) und der Bau des Wasserturmes (1884).

 



Die Joachimiallee hatte dereinst das Zeug zu einer Flaniermeile, aber die Wallstraße mit der rückwärtigen Stadtmauer wirkte wie ein Riegel, der die Spazier-gänger der Innenstadt den kur-zen, schnellen Zugang zur Allee verwehrte.
 

Später degradierten neuzeitlicher Straßen-verkehr und die von der Stadtverwaltung fa-vorisierte Verkehrsführung zur Entlastung der Innenstadt  die Joachimiallee  zur Umge-hungsstraße für den Transitverkehr.

Links: Blick nach Norden (Hochschule Anhalt)Rechts: Blick nach Süden (Bramigksches Haus)

 


             
Früher standen an den beiden Endpunkten der Straße Denkmäler.  Am Südende, Ecke Bärteichpromenade
befand sich das Kaiserdenkmal für die Preußen Wilhelm I. und Friedrich III.
(li.) sowie am Nordende,
Ecke Fasanerieallee der Herzog-Friedrich-Brunnen für Friedrich I. von Anhalt
(re.) (beide AK vor 1927).
 

 

            
Beide Denkmäler gestaltete der herzoglich-anhaltischen Gartenbaudirektor August Hooff . Die Bronzeplaketten wurden schon während des II. Weltkrieges eingeschmolzen. Die übrig gebliebenen Findlingshaufen zu DDR-Zeiten dann nicht mehr gepflegt, so dass der Pflanzenwuchs verwilderte. Nach dem Straßenausbau blieben nur noch die größeren Findlinge und rudimentärer Baumbewuchs übrig – solche „Ehrenplätze“ in seiner „Allee“ hat so ein verdienstvoller Mann wie Alfred Joachimi wirklich nicht verdient!
 

 

 



Quelle des Beitrages: Cöthensche Zeitung (CZ), Nr. 24 vom 29. 01. 1895 – Nachruf Alfred Joachimi
Portrait des Oberbürgermeisters Joachimi: Stadtarchiv Köthen
Bilder der beiden Denkmäler aus der Sammlung Bernd Westphal.
Informationen und Bilder zu den anhaltischen Orden aus:
Gerd Scharfenberg „Die Orden und Ehrenzeichen der Anhaltischen Staaten“, Offenbach 1999
 
Farbfotos, Bildbearbeitung und -texte: Hans-Jürgen Janik