Köthener Veranstaltungsbericht Juni 2004
Geschichte des Gartenbaus in Sachsen-Anhalt -
Der Köthener Kunstgärtner Gottlieb Göschke
 
Vortrag von Dr. Udo Vogt, Burg  
Am Mittwoch, den 16. 06. 04, 18.00 Uhr im Hotel „Stadt Köthen“ 
Gemeinsame Veranstaltung des VAL mit der Kreisvolkshochschule Köthen
 
     
Nach dieser Veranstaltung verfasste das Vereinsmitglied und Stadtführer Christian Ratzel für den
WochenSpiegel für Köthen und Umgebung" einen Artikel über Gottlieb Göschke,
der hier in Auszügen wiedergegeben wird.
 
     
WochenSpiegel für Köthen und Umgebung, Cöthener Bilderbogen, vom 01. 09. 2004, S. 6, (Auszug)
Erster deutscher Erdbeer-Züchter kam aus Köthen
Stadtführer Christian Ratzel über Kunstgärtner Gottlieb Göschke
 

Köthen (cr)Nur wenigen dürfte der Name Göschke in Zusammen-hang mit Gartenbau und Züchtung ein Begriff sein, selbst vielen Heimathistorikern ist er unbekannt. Ein vom Verein für Anhaltische Landeskunde und der Volkshochschule Köthen organisierter Vortrag von Dr. Udo Vogt, Gartenbauhistoriker aus Burg mit eigenem Betrieb, brachte Licht ins Dunkel und lieferte interessante Einzelheiten.
Gottlieb Göschke, Jahrgang 1818, gebürtig aus Piethen nahe Köthen, übte maßgeblichen Einfluss auf den deutschen Gartenbau aus, er gilt als erster deutscher Erdbeerzüchter. Sein Nachlass umfasst umfasst 20 Sorten, von denen einige noch bis nach 1950 in vielen Gärten Deutschlands zu finden waren.
Nach einer Gartenbaulehre und bescheidenen Anfängen im preus-sischen Belgern kehrte er 1844 in seine Heimat zurück und erwarb zwischen Mühlenstraße und Bärteichweg ein fünf Morgen großes Grundstück. Das Geschäft gedieh prächtig und schon im Jahre 1848 vergrößerte Göschke seinen Betrieb durch den Ankauf von Hospital- acker direkt neben seiner Gärtnerei, auf dem Gelände der heutigen Baasdorfer Straße. Das Areal grenzte nunmehr an den katholischen Teil des alten Friedhofes (heute Teil des Friedensparks).
Das Angebot war vielseitig, neben den bereits angesprochenen Erdbeerzüchtungen, verkaufte er unter anderem veredelte Gehölze, Rosen und Pelargonien, Schnittblumen, Gebinde, Spargel aus eigener Zucht, Zuckerrüben und Hyazinthen. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich Seerosen, deren Treibhaus gegen Eintritt sogar besichtigt werden konnte.
Des weiteren gehörten zur Gärtnerei ein Kontor, ein Palmenhaus und als Besonderheit eine Lehranstalt, denn während die meisten Gärtner der damaligen Zeit ein Geheimnis aus ihrer Kunst machten, scheute sich Göschke nicht, sein Wissen weiterzugeben.


Gottlieb Göschke  (1818 - 1898),
erfolgreicher Kunstgärtner und Pionier 
der Erdbeerzucht in Deutschland



Die Zuhörer mussten ihr Kommen nicht bereuen, wurde ihnen doch ein interessanter und kurzweiliger Abend geboten

Der Plan der Göschkeschen Gärtnerei - Unten die Bärteichpromenade, rechts die spätere Baasdorfer Straße und oben die Mühlenstraße. Auf dem Gärtnereigelände oben links ist die Gärtnerlehranstalt zu erkennen, unten in der Mitte das Wohnhaus Göschkes, links davon das langgestreckte Palmenhaus, dem Wohnhausvis-à-vis  Kontor und dahinter
Victoriahaus (für die weltgrößte Seerose Victoria amazonica !)
 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Höhepunkt in Gottlieb Göschkes Leben dürfte sicherlich die von ihm mit organisierte Gartenbauausstellung des Anhaltischen Garten-bauvereins im heutigen Hotel „Stadt Köthen“ gewesen sein, inklusive eines Besuches des regierenden Herzogs von Anhalt als Zeichen größter Wertschätzung.
Am 10. Oktober 1898 starb  Gottlieb Göschke als angesehener Bürger.


Der Redner des Abends, Dr. Vogt 
vor dem Bild Gottlieb Göschkes
Einer der fünf Nachkommen Gottlieb Göschkes, 
Franz Göschke (1844-1912),
setzte das Werk seines Vaters erfolgreich fort.
Er wurde Gartenbaudirektor und Leiter des  Königlich Preußischen Pomologischen Instituts in Proskau (Schlesien)
und kreierte viele neue  Erdbeersorten. Seine erfolgreichste Schöpfung  benannte er nach der Königin Louise.
Diese Erdbeere war in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts in fast allen deutschen Gärten (und darüber hinaus) zu finden.
 

Den grünen Daumen seines Vaters schien der gelernte Kaufmann Alfred Göschke nicht zu haben, der den Betrieb übernahm. Nach dem Verkauf des Grundstücks zu einem guten Preis als Bauland und dem Umzug in ein 1,8 ha großes Areal in der Ringstraße 41 (heutige Lohmannstraße) im Jahre 1900, ging es nur noch bergab. 1914 war die Gärtnerei insolvent und auch ein Pachtvertrag mit der Stadt rettete das Unternehmen nicht mehr.
Ende der Zwanziger Jahre war der Betrieb völlig marode und die Stadt vereinnahmte zunehmend Teile des Landes für Bauzwecke, so 1929 für einen Spielplatz, welcher heute noch existiert.
Nach jahrelangen Querelen kündigte die Stadt 1937 die Pacht und der zum Bleiben entschlossene Alfred Göschke musste der Gewalt weichen. Er starb im gleichen Jahre demenzkrank in einer Anstalt in Hoym.


Ein verdienstvoller Bürger, dieser Gottlieb Göschke, er machte seine Heimatstadt in ganz Deutschland bekannt. Der Name Köthen war in des Wortes doppelter Bedeutung in aller Munde.
Ich meine, der Mann hat ein Denkmal verdient. Was läge in diesem Fall näher als Erdbeer-Beete, sozusagen "Strawberry Fields For Ever". 
Man könnte damit die Unkraut-Biotope der nichtbebauten Innenstadt-Grundstücke bepflanzen. Köthens Stadtbild wird dann noch gefälliger und neue Arbeitsplätze werden auch noch geschaffen - an lohngünstigen Arbeitskräften wird es ja im nächsten Jahr (dank
Hartz IV“) nicht mangeln.

Hans-Jürgen Janik
 

Bilder, Bild- und Ergänzungstexte:
Hans-Jürgen Janik
Altbilder mit freundlicher Unterstützung des Stadtarchivs Köthen