Einband der Publikation

Vorwort

sehr geehrte Leserinnen und Leser, liebe Vereinsmitglieder, seit März 2020 müssen wir mit der Corona-Pandemie leben. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf fast alle Bereiche unserer Gesellschaft sind vielfältig und tiefgreifend. Auch unser Vereinsleben und das im VAL gelebte Ehrenamt sind hiervon betroffen. Viele der in den Regionalgruppen geplanten Veranstaltungen konnten nicht stattfinden. Teilweise wurden dafür neue, digitale Formate angeboten, die aber persönliche Begegnungen und ein Erleben in der Gemeinschaft nur schwer ersetzen können. Leider mussten 2020 und 2021 auch die Mitgliederversammlungen abgesagt und die notwendige Neuwahl des Vorstandes nur in Form einer Briefwahl durchgeführt werden. Das ist umso bedauerlicher als Professor Dr. Hermann Seeber nach mehr als 25 Jahren engagierten und erfolgreichen Wirkens an der Spitze unseres Vereins nicht wieder für den Vorsitz kandidierte. Viele Mitglieder hätten ihm ganz gewiss auf der Mitgliederversammlung gern persönlich Danke gesagt. Das kann hoffentlich im Jahr 2022 erfolgen.

Eine jährliche Konstante im Vereinsleben des VAL sind die Mitteilungen. Mit dem hier vorgelegten Band erscheint bereits der 30. Jahrgang unseres wissenschaftlichen Vereinsorgans. An den redaktionellen Vorbereitungen für diesen Band haben letztmalig Frau Dr. Ulla Jablonowski (Dessau-Roßlau), Herr Reiner Krziskewitz (Bernburg), Herr Dr. Andreas Erb und Herr Dr. Alexander Sperk (Halle/Saale) mitgewirkt. Ihnen allen sage ich hiermit meinen allerherzlichsten Dank! Durch ihre Mitarbeit im Redaktionskollegium über viele Jahre hinweg haben sie maßgeblich dafür gesorgt, dass die Mitteilungen zu einem allgemein geachteten und von der Wissenschaft vielfach zitierten Jahrbuch wurde und geblieben ist. Ganz besonderer Dank gebührt in dieser Hinsicht Frau Dr. Ulla Jablonowski, die von Anfang im Redaktionskollegium mitarbeitete. [Krziskewitz?] Als neue Mitglieder werden Karsten Falke (Berlin), Nadine Willing-Stritzken (Möst) und Paul Globig (Steutz) im Redaktionskollegium mitwirken.

Der Band beginnt mit dem Beitrag Politik und England. Die Ziele des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740 – 1817) in seiner Englandkorrespondenz von Franziska Waßmann. Die Autorin arbeitet auf der Basis einer Analyse der Privatkorrespondenz des Fürsten Franz das Spezifische heraus, welches dessen Beziehungen nach England ausmachte. Es handelte sich nicht um eine Form der politischen Radikalisierung, sondern um eine Flexibilität der Umgangsformen, die er sich in Deutschland nicht erlaubte oder erlauben konnte. Sein Ziel war immer die Stabilisierung seiner Position als regierender Fürst im bestehenden System. Auch der folgende Beitrag Aus den Reisetagebüchern des Freiherrn Gottlob Friedrich (Fritz) Konstantin von Stein (1772-1844) Von Weimar nach Dieskau und Dürrenberg im Mai 1795 von Detlef Jena (Schkölen) führt uns in die Franzzeit. Die Tagebuchaufzeichnungen des Gottlob Friedrich Constantin Freiherrn von Stein berühren die Beziehungen zwischen den Höfen in Weimar und Dessau, Begegnungen des Weimarer Herzogs Carl August (1757-1828) und des Fürsten Franz in Dieskau, die wirtschaftliche Entwicklung im mitteldeutschen Raum, Schloss und Park Dieskau unter dem Besitzer Carl Christoph von Hoffmann (1735-1801) und die Vita Steins.

Am 20. Februar 1922 eröffnete im ehemaligen Palais des Prinzen Eduard in der Kaiserstraße 25 (jetzt: Fritz-Hesse-Straße) in Dessau die Anhaltische Landesbücherei. Zu den Kernbeständen der Anhaltischen Landesbücherei gehören die Anhaltische Behördenbibliothek, die Hofbibliothek und die Fürst-Georg-Bibliothek. Aus Anlass des Jubiläums 100 Jahre Anhaltische Landesbücherei im Jahr 2022 stellt Holger Nickel (Berlin) in seinem Beitrag Aldinen in Dessau die 20 in den dortigen Beständen (vornehmlich in der Hofbibliothek) erhaltenen Inkunabeln aus der Druckerei des Aldus Manutius in Venedig vor. Aldus Manutius galt schon am Ende des 15. Jahrhunderts als Inbegriff humanistischen Publizierens.

Die beiden folgenden Beiträge nehmen die Spuren historischer Landnutzung und Infrastruktur in Anhalt in den Blick. Paul Globig macht in seinem Beitrag Wälle und Gräben. Mittelalterlicher Wasserbau in der Steutzer Aue auf noch heute in der Aue zu entdeckende Spuren von wasserbaulichen Anlagen für den Warentransport Zerbster Kaufleute zur Elbe sowie den Tonabbau für den Bedarf von Ziegeleien aufmerksam. Diese Spuren fanden bislang nur wenig Beachtung, obwohl sie den heutigen Naturraum der Aue in entscheidender Weise prägten. Hans-Peter Hinze berichtet in seinem Beitrag Grieboer Geschichtssplitter und ein verschollener Grenzstein über einen bedeutenden archäologischen Fund, der Einblicke in die Frühzeit der Grieboer Kirche ermöglicht, sowie über einen besonderen Grenzstein, der in jüngerer Zeit an der anhaltischen Grenze bei Griebo verloren gegangen ist. Es folgt der Beitrag Faschs Drama per musica zur Rückkehr der Fürstin Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst von den Hochzeitsfeierlichkeiten der späteren Kaiserin Katharina II. aus Russland am 30. November 1745. Darin stellt Matthias Bollmeyer (Oldenburg) eine bislang unbekannte Quelle vor, die zur Klärung der genauen Chronologie der Rückkehr der Fürstin Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst von ihrer Reise als Brautmutter aus St. Petersburg beiträgt und zudem auch die zeremoniellen Abläufe an einer deutschen Residenz des Barockzeitalters zeigt. Julian Lubini (Dresden) wendet sich dann einem infrastrukturellen Großprojekt der Mitte des 17. Jahrhunderts zu – dem Bau der Saaleschleuse Bernburg. Es handelte sich um ein privat finanziertes Projekt, das letztlich scheitern musste. Der Titel der Beitrags lautet: Die anhaltische Saaleschleuse in Bernburg nach dem Dreißigjährigen Krieg – ein frühneuzeitliches Beispiel der (gescheiterten) Privatisierung öffentlicher Aufgaben. Den Abschluss der Beiträge bildet eine Studie von Ludger Siemer (Lemgo) über die Bevölkerungsentwicklung in den Städten und Gemeinden Anhalts 1990 bis 2020. Er zeigt, dass Anhalt in den letzten 30 Jahren eine der Regionen mit den höchsten relativen Bevölkerungsverlusten in Deutschland gewesen ist.

Sechs Rezensionen machen auf empfehlenswerte Bücher aufmerksam, die Lesestoff zur anhaltischen Geschichte vom Mittelalter bis zur Geschichte des 20. Jahrhunderts und von der Alltags- bis zur Kunstgeschichte bieten sowie bemerkenswerte Persönlichkeiten vorstellen. Mit einem Bericht über die Neuwahl des Vorstandes in der Rubrik Vereinsleben schließt der 30. Jahrgang der Mitteilungen ab.

Für das Redaktionskollegium
Frank Kreißler

Inhalt

Aufsätze

Franziska Waßmann (Gröbzig) Politik und England. Die Ziele des Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau(1740 – 1817) in seiner Englandkorrespondenz 11
Detlef Jena (Schkölen) Aus den Reisetagebüchern des Freiherrn Gottlob Friedrich (Fritz) Konstantin von Stein (1772- 1844) Von Weimar nach Dieskau und Dürrenberg im Mai 1795 31
Holger Nickel (Berlin) Aldinen in Dessau 61
Paul Globig (Steutz) Wälle und Gräben. Mittelalterlicher Wasserbau in der Steutzer Aue 85
Hans-Peter Hinze (Dessau-Roßlau) Grieboer Geschichtssplitter und ein verschollener Grenzstein 93
Matthias Bollmeyer (Oldenburg) Faschs Drama per musica zur Rückkehr der Fürstin Johanna Elisabeth von Anhalt-Zerbst von den Hochzeitsfeierlichkeiten der späteren Kaiserin Katharina II. aus Russland am 30. November 1745 – eine bisher unbekannte Quelle 105
Julian Lubini (Dresden) Die anhaltische Saaleschleuse in Bernburg nach dem Dreißigjährigen Krieg – ein frühneuzeitliches Beispiel der (gescheiterten) Privatisierung öffentlicher Aufgaben 119
Ludger Siemer (Lemgo) Bevölkerungsentwicklung in den Städten und Gemeinden Anhalts 1990 bis 2020 127

Rezensionen

Rezension von Ingo Pfeifer (Wörlitz-Oranienbaum) Sascha Kansteiner: Die antiken Skulpturen aus fürstlichem Besitz im Gartenreich Dessau-Wörlitz 137
Rezension von Jan Brademann (Dessau-Roßlau) Paul Beckus: Der Fürst im Kabinett. Supplikations- und Herrschaftspraxis unter Franz von Anhalt-Dessau (1758–1817) 139
Rezension von Alexander Spirawski (Weimar) Ian Wolff (Hrsg.): Bürgerliches Leben in Oranienbaum. Das Tagebuch des Kaufmanns Louis Sommerlatte (1813-1862) 144
Rezension von Dr. Bernd G. Ulbrich (Wettin-Löbejün, OT Plötz) Der Sinologe Otto Franke. „Seine Gedanken fest auf eine Aufgabe gerichtet“ Ein familiärer Briefwechsel Berlin – Peking (1937 bis 1946) hrsg. u. bearbeitet von Renata Fu-sheng Franke 148
Rezension von Ingrid Würth (Leipzig) Albrecht der Bär, Ballenstedt und die Anfänge Anhalts, hrsg. von Stephan Freund/Gabriele Köster 154
Rezension von Frank Kreißler (Dessau-Roßlau) Alexander Sperk: Die Geheime Staatspolizei in Anhalt. Personal, Lageberichte, Verfolgte 157

Vereinsleben

Neuwahl des Vorstandes   159
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