Einband der Publikation

Vorwort

Sehr geehrte Leserinnen und Leser, liebe Vereinsmitglieder,

als Wilhelm Müller in der Nacht zum 1. Oktober 1827 starb, verbreitete sich diese Nachricht sehr schnell unter seinen Freunden, Bekannten und Rezipienten. Zu den Ersten, die von Müllers Tod erfuhren, gehörte auch das Verlagshaus F. A. Brockhaus in Leipzig. Wilhelm Müllers Familie und seine engsten Freunde, insbesondere Baron Alexander von Simolin, hatten den festen Vorsatz, den Dichter und Publizisten trotz seines Todes nicht verstummen zu lassen. Sie planten die Herausgabe von Müllers „Sämmtlichen Schriften“, und als Verleger, der dies bewerkstelligen sollte, hatten sie Heinrich Brockhaus auserkoren. Diese Wahl folgte offensichtlich ganz dem Wunsch Wilhelm Müllers, der sich von Brockhaus bereits 1823 die Herausgabe einer „Sammlung“ seiner Gedichte erbeten hatte.

Heinrich Brockhaus nahm das Projekt der Herausgabe einer Werkausgabe schon zwei Wochen nach Wilhelm Müllers Tod in Angriff. Die editorische Arbeit leistete Müllers Schriftstellerkollege Gustav Schwab. Die Werkausgabe erschien 1830 bei F. A. Brockhaus unter dem Titel „Vermischte Schriften“ in fünf Bänden und mit einer von Schwab verfassten Biografie Wilhelm Müllers. Damit konnte ein insgesamt recht schwieriges Unterfangen erfolgreich abgeschlossen werden, bei dem die Wünsche und Vorstellungen verschiedenster Beteiligter in Einklang zu bringen waren: die finanziellen Interessen der Verlage, in denen Wilhelm Müllers Schriften zuvor erschienen waren, die den Vorstellungen des Verlegers bisweilen widersprechenden Intentionen der Witwe Adelheid Müller und nicht zuletzt auch unterschiedliche editorische Vorstellungen von Brockhaus-Verlag und Bearbeiter Gustav Schwab.

Wie unter diesen Voraussetzungen die Edition der „Vermischten Schriften“ gelang und welche Schwierigkeiten und Probleme hierbei zu überwinden waren, dokumentieren die im vorliegenden Sonderband der „Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde“ vorgelegten Briefe der am Herausgabeprozess unmittelbar beteiligten acht Einzelpersonen und drei Verlage.

Die Mehrzahl dieser Briefe wird hier zum ersten Mal veröffentlicht. Ermittelt und zusammengestellt wurden diese Korrespondenzen von der Leipziger Germanistin Dr. Maria-Verena Leistner. Maria-Verena Leistner war wissenschaftliche Assistentin am Germanistischen Institut der Universität Leipzig und Gastlektorin an der Universität Skopje (Mazedonien). Sie hat zu Wilhelmine von Chézy, Friedrich von Matthisson, Jean Paul, Friedrich Rückert und Gustav Schwab, vor allem aber zu Wilhelm Müller gearbeitet und publiziert. Als Gründungsmitglied engagiert sie sich in der Internationalen Wilhelm-Müller-Gesellschaft.

Maria-Verena Leistner ist die derzeit beste Kennerin des äußerst vielgestaltigen Werkes von Wilhelm Müller. Unter dem Titel „‘… daß ich den Sorgen der Existenz und Nahrung enthoben bin‘. Wilhelm Müllers Dessauer Lebens und Arbeitswelten“ gab sie im Jahr 2010 die Beiträge des 5. Symposiums der Internationalen Wilhelm-Müller-Gesellschaft vom 9. bis 11. Oktober 2009 in Dessau-Roßlau als Sonderband zu den „Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde“ heraus. Ebenso hat sie zu Wilhelm Müller herausgegeben: „So zieh ich meine Straße. Ein Wilhelm-Müller-Lesebuch“ (2002), „Von Reisen und vom Trinken. Zwei Symposien der Internationalen Wilhelm-Müller- Gesellschaft“ (2003 und 2006, 2007) und vor allem die verdienstvolle Werkausgabe „Wilhelm Müller: Werke, Tagebücher, Briefe“, 5 Bände und Registerband (1994). Diese Publikationen trugen wesentlich dazu bei, dass man in Wilhelm Müller nicht mehr nur den Dichter der „Schönen Müllerin“, der „Winterreise“ und der „Lieder der Griechen“ sieht, sondern alle Facetten seines umfangreichen Schaffens als Dichter, Übersetzer, Literaturhistoriker und Publizist wieder in den Blick einer breiteren Öffentlichkeit gerieten.

Ihrer Arbeit an der Herausgabe der „Werke, Tagebücher, Briefe“ verdanken sich auch die Quellengrundlagen für den hier vorliegenden Band. Gern haben wir Maria-Verena Leistners Angebot angenommen, ihre Forschungsergebnisse und Quellenfunde zur Entstehung der ersten Werkausgabe nach Wilhelm Müllers Tod in einem Sonderband der „Mitteilungen“ zu veröffentlichen. Wir danken Frau Leistner zudem sehr herzlich dafür, dass sie den Druck des Bandes auch großzügig finanziell unterstützt hat. So können wir uns nun gemeinsam mit ihr darüber freuen, mit diesem Sonderband Dokumente vorlegen zu können, die in der Müller-Forschung bisher noch nicht bekannt waren und neues über den Dichter berichten.

Für das Redaktionskollegium
Frank Kreißler

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